Sonntag, 04. September 2011
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Der Araber im Berberpferd
Bezeichnung des Berberpferdes und des Araber-Berbers
Historische Auflistung: Einrichtung von Staatsgestüten und Zuchtbuch
Araberblut im Berberpferd
Perspektive für ein Zuchtbuch des Araber-Berbers
Abschluss



4.       Araberblut im Berberpferd

 

Wie schon beschrieben, lässt die historische Entwicklung nicht daran zweifeln, dass in jedem Berberpferd ein gewisser Anteil Araberblut fließt. Auch heute ist es noch Ziel, das Berberpferd durch Araberblut positiv zu beeinflussen, aber es gibt auch Grenzen. Es ist deshalb hilfreich, sich der Unterschiede dieser Rassen bewusst zu sein.

 

4.1. Unterschiede zwischen Vollblutaraber und Berberpferd :

In Bildern:

Berberpferd

Bild: Haras-nationaux.fr

 

Araber

Quelle: http://www.sinoanarabians.com

Berberpferd in Bewegung

Bild: Christiane Slawik (http://www.slawik.com)

Vollblutaraber in Bewegung Quelle:http://www.friedmann-araber.de

 

Auflistung von unterschiedlichen Eigenschaften:

 

  • Ausstrahlung: Der Araber ist meist feiner, leichter als der Berber

  • Gänge: Der Araber bewegt sich akzentuierter, leichter, weniger kraftvoll: die Aktion der Hinterhand geschieht eher hinter dem Körper, flacher, weiter, an Vorhand seitlich vorbei, Bewegungsrichtung horizontal, was durch die Konstruktion der gesamten Hinterhand des Arabers bedingt ist.

  • Geschwindigkeit durch schnellere Bewegungen beim Araber höher (auf kurzer, flacher Strecke und auf mittlerer Strecke).

  • Schulterneigung: im Allgemeinen beim Berber länger, und geneigter, was ihm eine größere Schulterfreiheit verleiht.

  • Wirtschaftlichkeit in den Gängen: im Allgemeinen ökonomischer beim Araber

  • Höhere Fähigkeit zur Versammlung beim Berber

  • Tragfähigkeit: kurzer, starker Rücken des Berbers

  • Springvermögen: der Araber eher in die Weite, der Berber leichter in die Höhe

  • Charakter / Temperament: Araber eher extrovertiert, exaltiert

  • Zuverlässigkeit (körperlich und mental) sind Stärken des Berbers

  • Anpassungsfähigkeit des Berbers

  • Körpergewicht: Araber im Allgemeinen leichter

  • Der Widerrist reicht beim Berber weiter in den Rücken, dadurch guter Halsansatz und weniger Neigung zum Hirschhals.

  • Oberer Kopfansatz kräftig beim Berber, eher fein beim Araber

  • Beim Araber sind die Sprunggelenke weniger gewinkelt bzw. gerade, er kann deshalb weniger gut Gewicht aufnehmen in der Levade, Pesade

 

4.2. Bedeutung des Araberanteils

Nach heutigen Zuchtregeln wird für jeden Araber-Berber der zugehörige Araberanteil ausgezeichnet. Dieser Araberblutanteil ergibt sich aus dem arithmetischen Mittel der Elternanteile.

Die direkte Einkreuzung eines Arabers bringt somit 50% Araberanteil mit sich.

Pferde, die initial als Araber-Berber eingetragen werden, erhalten per Definition 50% Araberanteil. Dabei da muss man berücksichtigen, dass sie nicht zwingend 50% Araberanteil in sich führen.
Diese Festlegung auf 50% beruht auf

  • einer Entscheidung auf Grund der Feststellung von Exterieur-Merkmalen, das heißt, das vorgestellte Pferd ist durchaus berbertypisch, aber der Typ des Arabers ist ebenfalls präsent
  • einer Vereinbarung in der Zuchtbuchordnung der OMCB, dass man für die Pferde, die nicht genügend Berbertyp aufweisen, 50% Araberanteil ansetzt.

Bei der Zucht mit Initialeintragungen, die einen nicht unbedeutenden Anteil am Gesamtbestand einnimmt, ist es besonders schwierig in der darauf folgenden Nachzucht den Vollblutanteil am Phänotyp zu erkennen. Selbst wenn er sehr genau bezeichnet wird, ist er doch theoretisch festgelegt.

Da in der Vererbung die Elternanteile nicht systematisch in gleichen Teilen weitergegeben werden, beruht dieser bezeichnete Araberanteil nur auf einer Wahrscheinlichkeitsrechnung.

Die bewusste Auszeichnung des Araberanteils soll verdeutlichen, dass ein Anteil Fremdblut existiert. Man sollte sich jedoch bewusst sein, dass bei zu hohem Araberanteil die Eigenschaften des Berberpferdes verschwindend gering sein können.

4.3. Reflektionen zur Veredlung des Berbers

Die gezielte Zufuhr von Fremdblut in eine Rasse bezeichnet man als „Veredlung“

Die Veredlung einer Rasse durch Einzucht einiger weniger Individuen mit gewünschten Eigenschaften ist Standard in der Pferdezucht. So wurden in vielen Rassen Araber, Vollblüter oder Trakehner zur Veredlung eingesetzt. Im Gegensatz zur Einkreuzung wird der Veredler gezielt anhand gewünschter Eigenschaften ausgesucht. http://de.wikipedia.org/wiki/Pferdezucht

Im Grunde sind sich heutzutage die meisten Züchter und Liebhaber des Berberpferdes einig, dass diese Rasse in Wirklichkeit keine neue Zufuhr von Araberblut benötigt und in keiner Weise veredelt werden muss. Dennoch versucht man weiterhin bestimmte Eigenschaften des Vollblutarabers in das Berberpferd einzubringen, sei es aus Tradition, Geschmack, genetischem Bedarf oder für die Zucht anderer Rassenderivate.

Grundsätzlich könnten folgende Eigenschaften durch den Einfluss von Araberblut verstärkt werden:

  • Geschwindigkeit von Reaktion und Bewegung
  • Glanz und besondere Anmut insbesondere durch den feurigen Charakter
  • Leichtigkeit der Gänge
  • Feinheit und Trockenheit des Körpers, insbesondere im Halsbereich, Kopfansatz und Kopf
  • Tänzelnde Bewegungen durch die sich stark unterscheidende Konstruktion der Hinterhand

So wachsen in den meisten Fällen Reaktionsgeschwindigkeit und Temperament mit steigendem Blutanteil. Aus diesem Grund eignen sich diese Araber-Berber eher für den fortgeschrittenen Reiter. Mehr aus Tradition als aus den möglicherweise überlegenen Fähigkeiten sieht man sie öfter im Sport. Insbesondere im Distanzsport, wo immer höhere Geschwindigkeiten erzielt werden müssen, ist dies inzwischen durchaus berechtigt. Jedoch im Freizeitbereich, als Schulpferd (gängig im Maghreb) oder in der Dressur (geläufig in Europa) ist die leichtfüßige Hinterhand und die geringere Disposition zur Versammlung des Arabers eher hinderlich.

Neben der direkten Einkreuzung von Vollblutarabern bedeutet auch die Anpaarung mit Araber-Berbern, deren Araberanteil deutlich höher ist, eine Zufuhr von Araberblut.

Auch dies kann als Veredlung verstanden werden, solange man darauf achtet, dass Pferde mit hohem Araberanteil die Qualität eines Veredlers besitzen.

 

4.4. Die Zufuhr von Araberblut im Maghreb und in Europa

Die Ziele, dem Berberpferd Araberblut zuzuführen sind in Nordafrika nicht unbedingt dieselben als in  Europa.

Beweggründe im Maghreb

Das Berberpferd wird traditionell geschätzt und geachtet. Dank seiner hervorragenden Leistungen im Laufe seiner langen Geschichte ist es ein wichtiges Kulturerbe. In der Praxis muss man sich jedoch eingestehen, dass das Berberpferd weitgehend nicht mehr dem idealen Bedarf der nordafrikanischen Reiter entspricht.
Deshalb ist die Zufuhr von arabischem Blut erklärbar und berechtigt:

  • Die Auffassung von einem Pferd mit gutem Charakter ist im Vergleich mit dem europäischen Bedarf wenig ausschlaggebend. Die in Europa so gesuchte Rittigkeit ist kein geläufiger Begriff im Maghreb.
  • Das Bild eines schönen Pferdes geht meistens einher mit lebhaftem Feuer und stolzem Ausdruck, mit leichten Gängen und – wichtig unter den geschätzten Eigenschaften – hoher Geschwindigkeit.

  • Der Vollblutaraber als Pferd Mohameds ist im Herzen eines jedes Moslems und er mag in seinem Pferd das Blut dieses Pferdes fließen wissen.

  • Der Anglo-Araber-Berber ist ein häufig verwendetes Reitpferd im Maghreb, seine Zucht erfolgt durch Einkreuzung des Arabers in das Berberpferd (also über den Araber-Berber in der F1-Kreuzung).

  • Das Flachrennen ist im Maghreb die Königsdisziplin. Form und Leistungsfähigkeiten von Pferden mit Renneignung sind tief im Geschmack der Menschen verankert. Der Vollblutaraber stellt immer noch den größten Anteil an Rennpferden, weit vor dem Englischen Vollblut.
  • Der Araber-Berber bringt oft die Tragkraft und Größe mit, die dem Araber manchmal fehlt.

  • Traditionelle Reitdisziplinen wie die Tbourida/Fantasia werden immer stärker kodifiziert und der ästhetische Anspruch der Pferde geht zu immer größeren und kräftigeren Modellen, die gleichzeitig jedoch Feuer und Temperament ausstrahlen sollen. Das Fundament soll im Vergleich zur Körpermasse elegant sein. Die Zucht dieser Fantasiapferde geschieht nicht direkt über den Berber sondern über den mit Araberblut angereicherten Araber-Berber.
  • Dressur – weder modern noch klassisch – stellt nur eine wenig beachtete Randdisziplin dar. Beispielsweise werden Versammlung und damit zusammenhängende Aktionen nicht über die gleichen Hilfen erreicht. Die Erarbeitung von Seitengängen ist unüblich.
  • Freizeitpferde sind nicht mit den europäischen Ansprüchen vergleichbar, da Reiterei und Pferdeverständnis einer anderen Sichtweise unterliegen. Für Kinder, oft mit entsprechend Mut und Geschick ausgestattet, ist der Berber das bevorzugte Reittier. Den meisten Erwachsenen – insbesondere den Männern – ist es gleich, ob das Pferd ein Berber, Araber-Berber, Araber oder Anglo-Araber-Berber ist. Entscheidend ist, dass es schnell ist, genügend tragfähig, stolz und charismatisch – diese Eigenschaften finden wir häufig im Araber-Berber mit eher gehobenem Araberanteil.
  • Traditionell gibt es für den Araber-Berber einen idealen Araberanteil, der zwischen 25% und 50% liegt. Wenn man sich in der Zucht vornehmlich auf das Berberpferd stützt, so muss immer wieder Araberblut zugeführt werden, um den AV-Anteil nicht verschwinden zu lassen. Höhere Blutanteile bis 75% sind ebenfalls akzeptiert. In Marokko werden Araber-Berber mit mehr als 75% oder weniger als 25% AV jedoch als „Zuchtreserve“ (facteur de complément) eingestuft.
  • Die Zufuhr von Araberblut geschieht traditionell über den Vater, kaum über die Mutter. So werden die wichtigen Eigenschaften des Berbers bewahrt, da die Mutter nicht nur ihre Genetik vererbt, sondern auch den Charakter der Nachzucht prägt.

  • Der finanzielle Wert eines Vollblutarabers steht im Maghreb über dem Wert eines Berberpferdes oder eines Araber-Berbers.

 

Beweggründe in Europa
  • Insbesondere in Frankreich hat der Araber-Berber Erfolg im Distanzsport und er steht dem Vollblutaraber und den anderen dort vertretenen Rassen nicht nach. Die Vormacht des Arabers in diesem Sport beruht insbesondere auf der gewaltigen Anzahl der Vertreter, weniger auf einer mangelnden Fähigkeit des Berberpferdes. Die inzwischen immer höher werdenden Tempi in den Rennen rechtfertigen die Zufuhr von Araberblut insbesondere aus Linien der Flachrennen.

  • In genealogischer Hinsicht ist man sich in Europa bewusst, wie wichtig Schutz und Förderung des Berberpferdes sind. Deshalb ist es geläufig, sich bei der Zucht von Araber-Berbern dem Berber zu nähern und somit den Araberanteil abzusenken. Dieser Fakt spricht gegen die direkte Zufuhr von Araberblut.

  • Der Bestand an Berberpferden mit und ohne Araberanteil, die genetische Vielfalt und die verfügbaren Mittel sind mehr als ausreichend, um diese Vielfalt zu erhalten ohne direkt Araberblut zuzuführen.

  • Abgesehen vom Distanzsport auf hohem Niveau wird der Araber-Berber in Europa insbesondere für Qualitäten geschätzt, die er von Seiten des Berberpferdes mitbringt. Er wird in der Regel in denselben Bereichen eingesetzt wie der Berber. Diese geschätzten Eigenschaften des Berbers kommen insbesondere beim Einsatz als Wanderreitpferd, als Kutsch-, Arbeits- oder natürlich Dressurpferd aber auch als Familienmitglied zur Geltung. Sehr selten konkurrieren Araber-Berber mit hiesigen Reitpferden und –ponys in Rennen oder anderen Pferdesportdisziplinen. Muss man sich dann nicht fragen, worin der Nutzen einer direkten oder massiven Zufuhr von Araberblut liegt?

  • Die Zucht von Araberpferden hat sich schon seit vielen Jahren stark ausgeweitet. Durch das Wegfallen einer Selektion ist die Qualität des Bestandes unkontrolliert und wenig homogen. Dies hat zur Folge, dass der Marktwert vieler Vollblutaraber - oftmals trotz guter Abstammung - unter dem des Araber-Berbers liegt und noch niedriger als der Marktwert eines Berberpferds ohne Araberanteil angesiedelt ist.

Konklusion:

Die vielfältigen soziokulturellen Motivationen im Maghreb für eine Zufuhr an Araberblut treffen in Europa nicht zu. Abgesehen von einer gezielten Zucht von Leistungspferden gibt es wohl kaum einen Grund, direkt Araberblut unserer Rasse zuzuführen. Wir sollten uns deshalb auf die Zucht von Berberpferden und Araber-Berbern konzentrieren, die unserem Bedarf entsprechen.

Die direkte Zufuhr von Araberblut durch Stuten war in Frankeich bis 2002 nicht erlaubt und findet weiterhin kaum Anwendung. In Deutschland ist die Situation anders. Dort wo es erlaubt ist, nehmen die Eintragungen von Fohlen aus Araberstuten zu. In Hinsicht auf die wenigen Pferde, die wirklich im Leistungssport eingesetzt werden, darf man diese Entwicklung hinterfragen.

In Europa ist der Wert eines Berbers ohne Araberanteil im Allgemeinen höher als der eines Araber-Berbers. Weiterhin liegt der Wert eines Araber-Berbers meist über dem Wert der Araber, die für die Zucht des Araber-Berbers Verwendung finden. Gute und leistungsfähige Vollblutaraber, die in Reinzucht eingesetzt werden oder die zur Veredlung anderer Rassen, beispielsweise von Warmblütern, dienen, haben dagegen meist einen deutlich höheren Wert. Da nach Vorgabe des Ursprungszuchtbuches für Berberpferde kein Qualitätsstandard für die Einkreuzung von Araberstuten existiert, die Auswahl jedoch groß ist, ist es deutlich einfacher und günstiger Araber-Berber mit Araberstuten als mit Berberstuten zu züchten. Der „Geschäftsplan“ ist lohnend, die Wertsteigerung des Araber-Berber-Fohlens aus einer vergleichsweise „günstigen“ Araberstute ist enorm.

In der Zucht von Distanzpferden achtet der Züchter darauf, dass die Elterntiere Leistungsträger sind. Er wählt bei der Einkreuzung von Araberblut eher einen Hengst mit entsprechendem hohem Zuchtwert, den dieser beispielsweise dank sportlicher Leistungen und der Zulassung als Veredler für andere Rassen erworben hat.

In der Zucht von Freizeitpferden, wo insbesondere die Eigenschaften des Berbers gesucht werden, sieht man dagegen bei der Einkreuzung von Araberblut oft Anpaarungen mit Vollblutaraberstuten, die selten aus hervorragenden Linien stammen oder sich durch Leistungen verdient gemacht haben. Als Vater wird gerne ein Berberhengst gewählt, um den Charakter der Stute zu verbessern.

Bei der Zucht von Berberpferden ohne Araberanteil ist es leicht, unvorteilhaften Arabereinfluss in der Abstammung auszuschließen, auch wenn immer ein nicht ausgewiesener Anteil vorhanden sein kann. Doch bei der Zucht des Araber-Berbers besteht die Gefahr, dass er immer mehr an Qualität und Wert verliert und zwischen den beiden eigentlich zusammengehörenden Gruppen ein tiefer Graben entsteht. Jedem, der sich für den Schutz und die Förderung des Berberpferds und des Araber-Berbers einsetzt, sollte bewusst sein, dass eine solche Zuchtmethode für die Rasse äußerst schädlich ist.

Die Zufuhr von Araberblut soll der Veredlung dienen - für eine Veredlung muss die Auswahl der Veredler von exzellenter Qualität sein!

Nicht jedoch darf die Veredlung so weit gehen, dass die Eigenschaften der ursprünglichen Rasse verloren gehen, denn sonst gleicht das einer „feindlichen Übernahme“.

Bei der Zufuhr von Araberblut in Europa dürfen verminderter Aufwand und finanzielle Ersparnis kein Argument sein. In den Ursprungsländern ist dies mit Sicherheit nicht die Motivation. (siehe auch Fragen zum Zuchtprogramm)

 

 



 
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